Das muss man sich mal vorstellen: In einem Raum in Altona sitzen jeden Freitag sechs Senior:innen und sechs Grundschulkinder im Kreis – und denken sich miteinander ein Theaterstück aus. Und mehr noch: Die Senior: innen haben Demenz. Sie vergessen viel. Doch die Kinder an ihrer Seite merken sich genug für zwei. Und sie wachsen an ihrer Verantwortung, dass hier etwas entsteht. Ein Stück, dass sie am Ende des Schuljahres aufführen werden, hier auf der Bühne des B*Treffs, vor ihren Eltern und vor den Verwandten der Senior:innen.
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Einsamkeitsbarometer des Bundesfamilienministeriums
Seit 2015 unterstützt die BürgerStiftung Hamburg das Projekt „Lebenslust für Jung und Alt“. Träger ist FLAKS e.V., das Zentrum für Frauen in Altona. Und immer mit dabei: Leiterin Katharina Irion. „Es geht uns um Begegnung und Miteinander“, sagt die künstlerische Leiterin. Und darum, Spaß zu haben am Spiel der Generationen: „Wir hatten hier schon Menschen, die fast 100 Jahre alt waren und angefangen haben, mit den Kindern zu tanzen.“ Seit langem arbeitet das Projekt mit dem Stadtdomizil zusammen, einem nahen Pflegeheim. Die Senior:innen werden gebracht und abgeholt. Es sind immer auch Betreuende aus dem Heim dabei, sitzen im Kreis und machen begeistert mit. Sie wissen, wie wichtig die Treffen sind für die Senior:innen. Nicht nur, um mal rauszukommen aus dem Alltag, sondern auch für ihre Gesundheit. „Die Demenz können wir nicht rückgängig machen“, sagt Theaterpädagogin Irion, – „ein wenig aufhalten können wir sie aber.“
Für die Kinder gehört der Freitagstermin zum Schulunterricht. Sie kommen von der Grundschule Arnkielstraße herüber, ihr Lehrer sitzt auch im Kreis. Gerade spielen sie mit den Senior:innen „Spiegeln“: Eine Person gibt eine Bewegung vor, hebt etwa den Arm, die andere muss es gleichzeitig nachmachen, dann wechseln die Rollen. Sehr still ist es gerade. Doch das ist selten. Bald fliegen zu Klaviermusik blaue Tücher durch die Luft, dann machen alle Tierlaute nach – und dabei wird sehr viel gelacht. Bei alldem sind die Drittklässler:innen hochkonzentriert. Sie haben feine Antennen dafür, wie es ihrem Gegenüber geht, was möglich ist und was nicht. Die ersten beiden Freitage waren sie ohne die Senior:innen hier. Da wurden sie herangeführt an das Thema Demenz: bitte kein Mitleid, gerne Hilfe anbieten, es gibt hier kein „Falsch“.
Manchmal besuchen die Kinder „ihre“ Senior:innen sogar später im Pflegeheim.
Katharina Irion, Projektleiterin
Aus dem Spiel entstehen Szenen für das Stück. Denn natürlich geht es bei „Lebenslust für Jung und Alt“ auch um Theater. „Wir improvisieren viel und bauen daraus dann eine Struktur,“ sagt Katharina Irion, „dabei geben meist die Kinder die Impulse.“ Mit den Monaten entstehen die Themen der Stücke. Die haben meist mit etwas zu tun, das in beiden Welten vorkommt: Urlaub und Reisen zum Beispiel oder Telefonieren. Dann wird im Kreis erst einmal darüber geredet, was zu den Begriffen einfällt – welche Situationen oder Bewegungen in den Sinn kommen oder welche Lieder. Auch daraus entstehen dann Szenen für das Stück. Man kann fühlen, wie hier in Altona Drähte entstehen zwischen Jung und Alt. Sie verbinden Generationen, sind Brücken über eine Krankheit hinweg, die eigentlich vergessen will – und sie sind langlebig: „Manchmal besuchen die Kinder ‚ihre´ Senior:innen sogar später im Pflegeheim“, sagt Katharina Irion. Jetzt ist erst einmal Pause. Die Kinder verteilen Wasser und Obst. Zeit zum Durchatmen, für Ruhe oder zum Rumtoben. Dann geht es weiter mit der Arbeit an dem Theaterstück. Und mit einem Projekt, das vor allem eins macht: Lust auf das Leben.
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