Julia, du untersuchst, wie wir Kinder beim Aufwachsen gut begleiten können. Dazu hast du 147 Berichte unserer Förderprojekte ausgewertet. Wie geht es Hamburgs Kindern?
Viele unserer Projekte berichten, dass es den teilnehmenden Kindern schlechter geht als noch vor wenigen Jahren. Sie haben weniger Selbstbewusstsein, tun sich schwer mit Sozialkontakten. Sie leiden unter Zukunftsängsten und Einsamkeit. Studien geben der Isolation in der Coronazeit die Schuld an der schlechten Verfassung vieler Kinder.
Siehst du das auch so?
Ja, das ist sicher ein wichtiger Faktor. Aber unsere Projekte merken auch, dass die finanzielle Not größer wird. Bei armen Familien rückt die Existenz- und Wohnungsabsicherung immer mehr in den Vordergrund. Für alles Weitere fehlt dann oft die Kraft. Das führt zu familiären Spannungen.
Was folgt daraus für die BürgerStiftung Hamburg?
Wichtig ist uns die Verlässlichkeit der Angebote, damit echte Beziehungen zwischen den Kindern untereinander und zu den Betreuer:innen aufgebaut werden können. Und der Zugang zu den Projekten muss niedrigschwellig sein. Wir fördern verstärkt Aktivitäten, die keine Teilnahmevoraussetzungen haben, also keine Sachkostenbeiträge oder Sportkleidung. Denn wenn so etwas vorausgesetzt wird, können viele Kinder nicht mehr mitmachen. Aber gerade diese Kinder profitieren am meisten von den Erfahrungen, die unsere Projekte bereithalten.
Hamburger Kinder brauchen jetzt Zuversicht und positive Impulse.
Was sind das für Erfahrungen?
Verbunden sein, unbeschwert sein, neugierig sein, sich ausprobieren, das Glück des Erfolgs spüren. Durch solche Erfahrungen lernen Kinder, wer sie sind und was sie gut können. Das ist viel mehr als Spielen, das ist gesundes Aufwachsen.
Aber das hilft nicht gegen finanzielle Not?
Nein, was das angeht, setzen wir auf Sozialberatung. Eltern beantragen die Hilfen, die ihnen zustehen, oftmals gar nicht. Da geht es um Kita-Gutscheine oder staatliche Transferleistungen, die gerade die Bedürftigsten nicht erreichen. Das hat auch was mit Sprachbarrieren zu tun. Hier können Beratungsangebote die Situation der Familien oft verbessern.
Julia Eplinius (44) arbeitet seit 2016 bei der BürgerStiftung Hamburg. Sie leitet die Bedarfsanalyse und Projektevaluation. Sie untersucht also, wo und wie wir in der Stadt am besten helfen können.