„Mittwochs wird frisch gekocht – diesmal zaubern wir Çiğ Köfte!“, hatten sie auf Instagram angekündigt,
nun steht Erzieherin Sidika mit drei Jungs in der off enen Küche. Auf dem Tisch liegen Tomaten, Bulgur, Frühlingszwiebeln. Alle schnibbeln, würzen oder kneten. Und alle anderen können zusehen, wie das Essen zubereitet wird: die Jugendlichen, die auf dem Weg sind zu den Siebdrucksachen in der Werkstatt, das Mädchen, das gerade Billiard spielt oder die Band, die gerade auf dem Weg ist nach oben, um einen Song der Beatles zu proben.
Wir sind zu Besuch im Freizeitzentrum Sandbek, und wer hier durch die Tür kommt, steht schon fast in der Küche. „Sie ist das Herz dieses Hauses“, sagt Sidika. Die 25-Jährige bereitet heute mit den Jugendlichen das Essen zu im Kochprojekt „Gesund & Munter“ in Neugraben-Fischbek, das wir seit seiner Entstehung unterstützen. Sidikas Çiğ Köfte sind sehr beliebt bei den Jugendlichen, es wird voll werden heute Nachmittag. Und am Ende werden sie gemeinsam an einem Tisch sitzen – alle Smartphones aus, keine Energydrinks! – und miteinander essen. Wer mitgekocht hat, muss danach nicht sauber machen.
Das Essen ist für einige, die uns besuchen, die erste warme Mahlzeit des Tages.
Sidika, Mitarbeiterin im Freizeitzentrum Sandbek
Man merkt Sidika an, dass es ihr nicht leichtfällt, das von den Jugendlichen zu hören. „Das Ohr gewöhnt sich dran“, sagt sie, nicht das Herz. Sie trifft hier auch auf Mädchen und Jungen, die warmes Essen oftmals nur als Fertiggericht kennen. Die sie fragen, ob man Zwiebeln schält. Weil beide Eltern so viel arbeiten müssen, dass keine Zeit und oft kein Geld bleibt für gesunde Mahlzeiten. „Umso schöner, dass es uns gibt“, sagt sie und lächelt. Hier können alle herkommen und werden gratis satt. Alle wollen immer, dass Sidika oder ihr Kollege Philipp mitessen. Weil sie nicht allein essen wollen.
„Viele entdecken erst hier, wie schön es ist, einmal am Tag zusammenzusitzen und sich in die Augen zu schauen. Das hat etwas Familiäres. Und irgendwann trauen sich auch die Coolsten zu sagen, dass sie das ganz schön finden,“
Sidika
„Wir hatten Jugendliche, die waren davon überzeugt, dass Männer nicht in die Küche gehören“, sagt Sidika, „heute schlagen sie selbst Gerichte vor und kochen mit Philipp oder mir.“ Das Kochprojekt achtet darauf, dass die Zutaten möglichst Bioqualität haben und aus der Region kommen. Fleisch gibt es hier selten – und wenn, dann ist das ein Feiertag, nichts für nebenbei. „Man kann sich gesund essen, man kann sich krank essen“, sagt Sidika. Sie kennt Jugendliche, die jetzt schon Krankheiten haben, an denen ihre Eltern wegen falscher Ernährung leiden. Gesundes Essen darf kein Privileg sein“, sagt Sidika.
Leon steht neben der Tür, auf der „KÜCHE“ steht, neben Fotos von Zitrusfrüchten, Erdbeeren, Bohnen. Der 21Jährige ist regelmäßig hier, er hat jetzt seine erste eigene Wohnung. Früher musste man ihn zwingen, Zucchini und Kürbis zu essen, heute findet er es lecker. „Ich habe hier viel über Ernährung gelernt, und ich sehe das auch bei den Jüngeren hier“, sagt er, „es geht hier auch um Bildung.“ Sidika lächelt. Auch sie sieht, wie das Projekt wirkt. Wie Jugendliche Rezepte zu Hause nachkochen und Fotos der Mahlzeiten schicken. Oder fragen, welche Biozutaten sie denn unbedingt kaufen sollen – die seien doch so teuer. „Viele hier gewinnen mit der Zeit an Reife“, sagt Leon, „und da hat das Kochen hier einen deutlichen Einfluss.“
In der Küche sind die Çiğ Köfte fast fertig. Auf dem Tisch: Zwiebeln, Petersilie, Salat. An der Wand: eine kleine Schultafel, mit Kreide steht darauf „Jeden Tag etwas Leckeres“. „Ich hoffe, dass es das Kochen hier noch lange gibt“, sagt Leon. Dazu können Sie beitragen. Es kommt auch auf Ihre Spende an!
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