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Landungsbrücken

Das Asylsystem ist von Ungleichheit-Machung durchzogen. Dafür gibt es aus humanitärer Sicht keine Rechtfertigung.

Katherine Braun | Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland 

Man kann sich schon fragen, weshalb die Massenzustrom-Richtlinie nicht bereits zur Anwendung gekommen ist, als die Taliban nach dem Ende des NATO-Einsatzes Mitte 2021 die Kontrolle über das Land übernommen hatten und Menschen aus dem Land fliehen mussten.

Niklas Harder | Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM)

Wir dürfen nicht die Regeln für eine Gruppe Schutzsuchender ändern, ohne alle anderen Gruppen zugleich mitzudenken.

Stephanie Landa | Sisters Network

Staatliche Ungleichbehandlung

Staatliches Handeln und rechtliche Vorgaben haben besonders große Auswirkungen auf das Leben von Geflüchteten in Deutschland. Sie bestimmen über die Möglichkeit, Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung zu beziehen und eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Im Vergleich zu Schutzsuchenden aus anderen Ländern haben Geflüchtete aus der Ukraine bessere rechtliche Rahmenbedingungen. Warum ist das so?

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↓ Visafreie Einreise

↓ Massenzustrom-Richtline

↓ Warum gibt es die Richtlinie?

↓ Was besagt §24 AufenthG?

↓ Auswirkung auf Patenschaften

Vereinfachter Aufenthalt für Ukrainer:innen in der EU

Visafreie Einreise in die EU seit 2017

Ukrainische Staatsbürger:innen benötigen seit 2017 kein Visum mehr, um in die EU einzureisen. Ukrainer:innen können sich in einem Zeitraum von 180 Tagen maximal 90 Tage in der EU aufhalten. Begründet wird die Regelung von der Europäischen Kommission damit, dass die Ukraine die Kriterien des Visaliberalisierungsplans erfüllt hat, wozu die Eindämmung der Korruption bei der Ausweisausstellung oder das Verhindern illegaler Migration gehört. Das Land wurde deshalb von der Visumpflicht ausgenommen. Menschen aus der Ukraine können daher unkompliziert legal in die EU einreisen. Das ist für Menschen anderer Herkunftsländer außerhalb der EU nicht möglich.

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Prince und Sebastian | Patenschaftstandem

~ 7 %

der Geflüchteten aus der Ukraine in Hamburg sind Drittstaatsangehörige

Quellen: Zahl der Drittstaatsangehörigen (Stand 08.03.2023) geteilt durch Zahl aller Schutzsuchenden (Stand 15.03.2023)

Was regelt die Massenzustrom-Richtlinie?

Wenige Tage nach dem Überfall der russischen Streitkräfte auf die Ukraine beschloss der Europäische Rat am 3. März 2022, den als Massenzustrom-Richtlinie bekannten Mechanismus zu aktivieren. Die Massenzustrom-Richtlinie wurde bereits in den 1990er Jahren vor dem Hintergrund des Krieges im ehemaligen Jugoslawien etabliert. Man hat sie jedoch zum ersten Mal infolge des Krieges in der Ukraine angewandt. Die Richtlinie erlaubt es, den vor Krieg flüchtenden Menschen aus der Ukraine in der gesamten EU sofort und kollektiv Schutz zu gewähren, ohne dass eine Prüfung von Einzelanträgen notwendig wird. So haben ukrainische Geflüchtete von Anfang an einen Aufenthaltstitel sowie Zugang zu Arbeitsmarkt, Wohnraum, Schulsystem und medizinischer Versorgung. Bereits wenige Wochen nach Inkrafttreten der Massenzustrom-Richtline gab es Kritik an dem Mechanismus, weil er Geflüchtete aus der Ukraine ohne ukrainischen Pass nur begrenzt berücksichtigt und nicht auf Schutzsuchende anderer Herkunftsländer angewendet wird.

Aus der Erfahrung der Fluchtbewegungen 2015/2016 wusste man, dass aufwendige Asylverfahren die Behörden lahmlegen können.

Niklas Harder | Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM)

Warum gibt es die Massenzustrom-Richtline?

Die Richtlinie koordiniert die Aufnahme von Schutzsuchenden in die EU jenseits des Dublin-Systems, das bislang die Verteilung geflüchteter Menschen in der EU regelt. Nach dem Dublin-Verfahren ist derjenige EU-Staat für die Geflüchteten verantwortlich, über welchen die Menschen die EU betreten haben. Dies hätte die EU-Nachbarländer der Ukraine – Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien – jedoch besonders belastet. Stattdessen werden Geflüchtete aus der Ukraine EU-weit verteilt. Die Vereinfachung der Aufenthaltsregularien für sie soll auch einer Überlastung der Behörden entgegenwirken.

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Was besagt §24 AufenthG?

Paragraf 24 der Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz (§ 24 AufenthG) regelt die Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie der Europäischen Union in Deutschland. Demnach wird Schutzsuchenden aus der Ukraine in Deutschland eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis von einem Jahr erteilt, die sich automatisch um ein Jahr verlängert, sofern eine sichere Rückkehr in die Ukraine nicht möglich ist. Der vorübergehende Schutz schließt auch Drittstaatsangehörige ein, jedoch unter der Voraussetzung, dass es ihnen nicht möglich ist, unter sicheren Bedingungen in das Land ihrer Herkunft zurückzukehren.

Laut Innenministerium wird im Einzelfall geprüft, ob die betroffene Person individuelle Gründe vortragen kann, die gegen eine sichere Rückkehr sprechen. § 24 AufenthG regelt auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die einzelnen Bundesländer. Außerdem erhalten aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG seit dem 1. Juni 2022 reguläre Sozialleistungen und weitere Unterstützungsleistungen wie Integrationskurse vom Jobcenter. 

Welche Auswirkungen haben die Regelungen auf Patenschaften?

Bei Mentor:innen, die bereits seit mehreren Jahren Mentees aus verschiedenen Herkunftsländern begleiten, hat die Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie teils für Unverständnis gesorgt. Mit einer mehrjährigen Aufenthaltsperspektive sowie einem vereinfachten Zugang zu Arbeitsmarkt und Wohnraum erhalten Geflüchtete mit einem ukrainischen Pass viele Möglichkeiten. Das gilt jedoch nicht für Geflüchtete aus anderen Ländern, die zum Teil seit Jahren um eine Bleibeperspektive kämpfen. Mentor:innen und Patenschaftskoordinator:innen stellen die unterschiedlichen Regelungen deshalbvor Herausforderungen. Denn eine gleichwertige Unterstützung wird schwierig, wenn die rechtlichen Voraussetzungen und damit die Hürden für den Zugang beispielsweise zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt so verschieden sind.

Ich freue mich über die Möglichkeiten für Menschen aus der Ukraine. Aber man fragt sich schon, warum anderen Menschen solche Hürden in den Weg gelegt werden.

Katrin | Mentorin

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